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Geschichte
Als wir allein waren, stellte sie in unserem Zimmer das große Radio an und
nach einer Weile des Herumsuchens auf der Skala, hatte sie auch den richti-
gen Sender, den Nordwestdeutschen Rundfunk gefunden. Wir legten uns ein
paar Kissen unter die Köpfe und lauschten erwartungsvoll auf den Beginn der
Sendung. Im abgedunkelten Zimmer leuchtete das magische Auge in geheim-
nisvollem Grün. Paul Cox war ein Detektiv, der in Schlips und Kragen und mit
vollendeten Manieren den Verbrechern nachjagte. Diese Serie war damals
eine der ersten so ge-nannten Straßenfeger, bei denen die Menschen an den
Abenden vor dem Radio saßen und gebannt dem Hörspiel folgten. So war das
auch bei uns, allerdings hatten wir die fremde Umgebung und die Abwesenheit
der Erwachsenen unterschätzt. Mit steigender Spannung wurden wir unruhig
und ängstlich. Schließlich lauschten wir nicht nur den Stimmern aus dem Laut-
sprecher, sondern auch auf die Geräusche im Haus. Flüsternd verständigten wir
uns, die Deckenbeleuchtung einzuschalten und so die unheimlichen Schatten
im halbdunklen Zimmer zu vertreiben.
Als Paul Cox schließlich nach gefährlicher Jagd den Täter gefasst hatte, saßen
meine Schwester und ich unter der Bettdecke, die wir uns über die Köpfe gezo-
gen hatten und trauten uns kaum zu bewegen. Da kamen aus dem Flur die gut
gelaunten Stimmen der zurückkehrenden Eltern, die Zimmertür ging auf – und
wir wurden ausgeschimpft, weil wir noch wach waren. Radio und Licht wurden
sofort ausgestellt und uns eine gute Nacht gewünscht. Erleichtert und müde
kuschelten wir uns in die Decken und schliefen endlich ein.